Bis zum Samstag vor dem 1. Advent kann ich mich gerade noch beherrschen. Bei Glühwein, Lebkuchen und Gestecken aus dem Supermarkt habe ich mich seit September zurückgehalten. Nun aber geht es an. Die Deko-Kartons kommen aus dem Keller in die Wohnung. Adventskranz, Tannenzapfen, mit Nelken gespickte Mandarinen, Strohsterne, ein Nikolaus mit Wattebart (aus einer Klorolle gebastelt) und (neue) Marzipankartoffeln gehören dazu. Natürlich mache ich nicht jede Dummheit mit. Also keine rot blinkende Regenrinnen – Innenbeleuchtung. Und auch keinen Roboter–Weihnachts-mann, der – per Bewegungsmelder gesteuert – im Vorgarten „Ho Ho Ho“ ruft. Damit erschreckt man höchstens kleine Hunde. Nein, einfach soll es sein, schön und gemütlich. Dazu kommen auch die passenden CDs wieder zu Ehren: jazzig mit Til Brönner, soulig mit Al Jarreau und klassisch mit Johann Sebastian.
Wenn ich mich in unserer Gemeinde umschaue, bemerke ich, dass ich mit der Adventsdekoration nicht allein bin. Wirklich jedes Haus und jede Wohnung, in die ich komme, zeigt etwas Advent-liches. Ob Tannengesteck oder ein quietschbunter Flackerstern: Jeder möchte etwas von dieser Zeit in seine vier Wände holen. Ich finde das schön. Natürlich kann man darüber auch lästern und schimpfen: über Weihnachtskonsumterror, über Festtagsstress, über die Frage „Wer nimmt Tante Elsbeth“ und über ungezählte „Last Christmas“ und „Driving home for Christmas“ im Radio. Aber hinter allem Vordergründigen steckt doch etwas sehr Tiefes: der Wunsch, dass es in der dunkelsten Zeit des Jahres Licht und Wärme gibt. Auch für mich. In einer Welt, die an eisiger Kälte kaum zu überbieten ist. Da kommt die Adventszeit mit Blick auf Weihnachten gerade richtig.
Die vier Wochen vor Weihnachten laden förmlich dazu ein, die Eile des Alltags zu entschleunigen. Man kann eben nicht „schnell mal“ Tee und Spekulatius bei Kerzenschein genießen. Das braucht seine Zeit. Zeit für sich selbst, aber auch Zeit mit anderen, die das ebenso „mal langsam“ mit uns genießen. Die Adventszeit ist eine von Gott geschenkte Zeit, in der wir – je älter wir werden – immer neue Facetten des Lebens entdecken können.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gesegnete Zeit im Advent 2019.
Matthias Schlicht, Pastor