Die Entwicklung der Adventszeit über fast 2000 Jahre
Der Ursprung des Wortes Advent liegt im Lateinischen „advenire“, was „Erwartung“ oder „Ankunft“ bedeutet. Ursprünglich entsprach der Begriff Advent dem griechischen Begriff epipháneia („Erscheinung“, siehe Epiphanias) und bedeutete im Römischen Reich Ankunft, Anwesenheit, Besuch eines Amtsträgers, insbesondere die Ankunft von Königen oder Kaisern (Adventus Divi = „Ankunft des göttlichen Herrschers“).
Die Adventszeit war ursprünglich eine 6-wöchige Fastenzeit vor dem Geburtsfest Christi, in der die Christen der Geburt Jesu gedenken und die Menschwerdung Gottes feiern. Die Alte Kirche hatte diese Zeit auf die Tage zwischen dem 11. November und dem ursprünglichen Weihnachtstermin, dem Fest der Erscheinung des Herrn am 6. Januar, festgelegt. In einigen katholischen Gegenden Italiens wird die Adventszeit bis heute über 6 Wochen gefeiert.
Mit der Weiterentwicklung der Kirche wurde dann auf dem Konzil von Lerida im Jahr 524 eine 4 Wochen andauernde Fastenzeit festgelegt und angeordnet. Dabei sollte diese Zeit – ähnlich wie die Zeit vor Ostern – der Besinnung und dem Nachdenken dienen. Papst Gregor der Große legte die Zahl der Adventssonntage im 7. Jahrhundert auf 4 fest.
Die 4 Sonntage standen nach der mittel-alterlichen Vorstellung symbolisch für die 4000 Jahre, welche die Menschen gemäß kirchlicher Geschichtsschreibung nach dem Sündenfall im Paradies auf den Erlöser warten mussten.
Die Adventszeit als Fastenzeit galt wie die vorösterliche Fastenzeit als „geschlossene Zeit“. In dieser geschlossenen Zeit durfte nicht getanzt und aufwendig gefeiert werden. Auch feierliche Trauungen durften in geschlossenen Zeiten nicht stattfinden, stille Trauungen dagegen schon. Seit 1917 wird das Adventsfasten vom katholischen Kirchenrecht nicht mehr verlangt.
Die traditionelle Kirchenfarbe für den Advent ist Violett, die für Trauer und Buße steht. Der ursprüngliche Fastengedanke der Adventszeit ist auch heute noch in Teilen vorhanden. So ist der traditionelle Weihnachtskarpfen ein Relikt davon, da gerade für Zeiten des Fastens Fischgerichte vorgesehen waren. Der massenhafte Konsum von Weihnachtsgebäck seit den Sommerferien steht in krassem Gegensatz zu diesem Fastengedanken und ist Ausdruck der totalen Kommerzialisierung der Advents- und Weihnachtszeit.
Im Laufe der Zeit hat die Adventszeit so sichtbar einen starken Wandel durchlaufen. Auch Menschen, die sich von der Kirche entfernt haben, nehmen wie selbstverständlich an der kommerzialisierten Form der Advents- und Weihnachtszeit teil.
Heute stellt der Advent eher eine Art des Feierns als eine Art des Fastens dar, was auch durch die verwendeten Farben Rot und Grün deutlich wird. Die Farben des Advents haben teilweise ihre Ursprünge im heidnischen Glauben. Die Germanen stellten beispielsweise wintergrüne Pflanzen in ihre Häuser, um so Dämonen und böse Geister abzuwehren. Ein Brauch, der auch nach der Christianisierung aufrechterhalten wurde. Das Grün repräsentiert in den dunklen, kalten Nächten des Winters die Hoffnung auf Trost und Kraft. Mit Rot wird die Freude auf Jesu Geburt dargestellt. Darüber hinaus symbolisiert das Grün auch die Treue zu Christus und das Rot fungiert als Farbe des Blutes, das Jesus am Kreuz für die Menschheit vergossen hat.
Heute ist mit zunehmenden technischen Möglichkeiten das elektrische Licht als typisches Element während der Adventszeit in den Häusern, Vorgärten und Straßen dazugekommen. Es weist allerdings in seiner Symbolik (Rentier, Weihnachtsmann, usw.) weniger auf den christlichen Schwerpunkt der Zeit als vielmehr auf die unterschwelligen Ängste der Menschen vor Dunkelheit und dunklen Mächten hin – und erinnert so an die vorchristliche Zeit…
Die Adventszeit erinnert einerseits daran, dass Christen das zweite Kommen Jesu Christi erwarten sollen. Dieses endzeitliche Motiv der Wiederkunft Christi führt zum Gedanken der Vorbereitung des Menschen darauf – durch die ernsthafte Buße.
Andererseits erinnert die Adventszeit daran, dass durch Gottes Menschwerdung sein Einfluss in die Welt kommt, was zur weihnachtlich-freudigen Ausprägung dieser Kirchenjahreszeit beigetragen hat.
Die Aufgabe der Kirche heute liegt darin, dass neben der Freude auch der Gedanke der Buße wach gehalten wird.
Mit dem ersten Adventssonntag beginnt auch das neue Kirchenjahr.
(Burkhard Ziemens)
„Mein liebstes Adventsritual“ –
„Advent bedeutet für mich“
Wir haben Mitarbeitende unserer Kirchengemeinde dazu befragt:
„Mein liebstes Adventsritual“: An den jeweiligen Adventssonntagen mit der ganzen Familie gemütlich Tee & Kaffee trinken, bei Plätzchen und Kerzenschein !
„Meine schönste Erinnerung“: Als ich noch im Elternhaus wohnte, fand jedes Jahr in der Adventszeit in unserer Dorfkirche eine traditionelle Adventsmusik (Konzert) statt, an der die ganze Familie mitwirkte!
„Das gehört unbedingt zum Advent!“: Zum einen: Besuch eines Weihnachtsmarktes, zum anderen: Besuch einer adventlichen Abendmusik.
„Erst dann ist für mich Advent …!“: Wenn die 1.Kerze am Adventskranz brennt !
(Martin Michalek, Diakon, Stade)
„Advent ist, wenn es am Adventssonntag dämmert, die Kerzen im Adventskranz angezündet werden und bei passender Musik Ruhe und Besinnlichkeit eintreten.“
(Dieter Offermann, Oldendorf)
„Advent ist für mich ganz eng mit Liedern verbunden, und zwar mit den meist weniger bekannten kirchlichen Adventsliedern. Meine „Lieblingshits“: „Es kommt ein Schiff geladen“ und „Die Nacht ist vorgedrungen“.“
(Susanne Franz, Pastorin, Oldendorf)
„(Viel) adventliche Musik, stimmungsvolle Atmosphäre mit Kerzenschein, Nüsse und Mandarinen kommen mir dabei in den Sinn.“
(Jochen Naujoks, Organist)
„Für mich ist und beginnt der Advent, wenn ich die selbstgestrickten Adventskalender mit den kleinen Päckchen bestückt habe und sie zum Bestaunen an der Wand hängen. Die Spekulationen können beginnen …“
(Melanie Böker, Oldendorf)
„ Adventlich schmücke ich erst am Samstag vor dem 1. Advent. Wichtig ist der Adventskranz mit vier roten Kerzen.“
(Karin Schwarzbach, Küsterin, Oldendorf)
„Wenn die Natur zur Ruhe kommt und sich auf den Winter vorbereitet, dann die Wärme vom Kachelofen, eine Tasse Kaffee, selbstgebackene Plätzchen und den Schein einer Kerze genießen.
(Alwin Tiedemann, Kranenburg)
„Bei ‚Advent‘ denke ich als erstes ans Plätzchenbacken.
(Hilda Miller, Oldendorf)
„Mein schönstes Adventsritual ist das letzte Zusammenkommen meines Orchesters, des Stader Kammerorchesters, vor Weihnachten in unserem Haus. Jeder bringt irgendetwas Köstliches an diesem Abend mit und beschwingt vom heißen Apfelpunsch, singen wir gemeinsam gefühlte 55 Weihnachtslieder, die unser Dirigent am Klavier begleitet.“
(Viktoria von Gruben, Kuhla)
„Für mich bedeutet Advent: Gemütlichkeit, Wärme, Kerzen, der Duft von Lebkuchen und Punsch, Ruhe und Frieden.“
(Hannelore Rademacher, Brobergen)
„Jedes Jahr am 1. Advent – und wirklich erst am 1. Advent! – baue ich meine inzwischen sehr umfangreiche Krippe auf: Maria und Josef sind noch auf dem Weg, die Hirten machen ein Nickerchen und die drei Weisen aus dem Morgenland leben vorübergehend neben der Tischlampe. Und selbstverständlich ist auch noch kein kleiner Jesus zu sehen. Im Laufe der nächsten Wochen wird dann immer wieder umdekoriert. Als die Kinder noch jünger waren, mussten die Figuren mitunter große Umwege zur Krippe nehmen. Heute spielt sich alles auf dem Sideboard ab und seit vergangenem Jahr erstrahlt nun auch ein Stern über der Krippe.
Seit einigen Jahren ist ein weiteres Ritual hinzugekommen: ich fahre am 3. Advent zum Carol-Service nach Stade. Dort singe ich gerne die englischsprachigen Lieder mit und freue mich zu wissen, dass die bekanntesten Bibelstellen überall auf der Welt in allen Sprachen verkündet werden.“
(Martina Reil, Pfarrsekreträrin, Oldendorf)
„Während der Kindheit lag der Adventskalender im Fokus – wie jedes Jahr von meiner Mutter für uns Kinder, meinen Vater und sie selbst, gemacht, individuelle kleine Pakete für jeden Tag bis zum heiligen Abend, aber beginnend mit dem 1. Advent.
Heute ist es der Adventskranz mit seinen vier Kerzen. Das ist zum einen der Kranz, als runde, sich drehende Form ohne Anfang und Ende, für sich selber. Dann zum zweiten das Schwebende an den Bändern und zum dritten die vier Kerzen. Bei denen es immer wichtig war, in welcher Reihenfolge sie angezündet werden. Ich freue mich auch in diesem Jahr schon jetzt auf den Kranz und kann das Anzünden der ersten Kerze kaum erwarten
..Und damit verbunden ist die schöne Adventsmusik mit Stücken wie ‚Machet die Tore weit‘ und besonders schön ‚Nun kommt der Heiden Heiland‘ oder ‚Oh Heiland reiß die Himmel auf‘ und ‚Wie soll ich dich empfangen‘!
Ansonsten gehört noch die verbundene Fastenzeit für mich in den Advent und die Feststellung dazu, dass der Advent im ‚normalen-täglichen Leben‘ nicht wirklich stattfindet, weil sich kaum einer noch solange auf etwas freuen und vorbereiten kann.
(Christoph Orth-Claes, Estorf)
„Für mich beginnt die Adventszeit, wenn wir mit der Familie zusammen sitzen und die erste Kerze am selbstgebundenen Adventskranz anzünden.“
(Kristina Burdorf, Oldendorf)
„Für mich ist Advent, wenn mein selbst gestickter Adventskalender mit süßen Pralinen geschmückt ist und ich Stollen und Kekse anrühren und backen kann. Der Duft erinnert stark an die schöne Zeit.“
(Meta Peters, Kranenburg)
„Lübecker Marzipan fällt mir als erstes ein, weil ich in Lübeck meine Kindheit verbrachte und mein Vater im Advent immer eine Tüte Marzipan-Bruch für seine Familie geschenkt bekam.“
(Ute Jungclaus, Bossel)
Alles hat seine Zeit – auch im Advent?
„Advent ist im Dezember.“ Das wussten wir schon. Trotzdem wirbt die Evangelische Kirche in Deutschland seit Oktober mit diesem Slogan und fragt: „Können Sie warten?“
Natürlich liegt der Anlass für diese Kampagne auf der Hand bzw. seit Wochen in den Regalen der Supermärkte und Kaufhäuser: Die Kommerzialisierung des Christfestes ist so weit vorangeschritten, dass sich der Handel einen höheren Umsatz erhofft, je eher mit dem Weihnachtsvorverkauf begonnen wird. Und die Bilanzen scheinen ihm Recht zu geben. Es gibt doch viele Naschkatzen unter uns, die auch in den Herbstferien schon zu Spekulatius, Nuss und Mandelkern, Lebkuchen und Dominosteinen greifen mögen. Und so mussten wir uns auch bei 15 Grad im Schatten bei unseren Einkäufen schon an adventlich geschmückten Regalen vorbeischieben. Nur Musik wie „Rudolf the red nose reindeer“ und so weiter wurde uns bislang erspart. Und wie so oft im Leben sind die Geschmäcker verschieden. Den einen freut‘s, den anderen nervt‘s.
Also erst mal Hand auf‘s Herz: Konnten Sie warten? (Mit Adventsgebäck). Dann wissen Sie vielleicht noch so etwas wie „Vorfreude“ zu schätzen? Gratulation! Aber warum kümmert es die Kirche, was die Leute essen? Müsste es dann nicht auch Einwände gegen frische Paprika und Erdbeeren im Januar geben?
Die Sorge, die ich auch teile, gilt unserem Empfinden für die rechte Zeit. Wann ist was dran, wann nicht. Und da hat das Christentum Erfahrung gesammelt. Vor allen großen Festen gibt es traditionell eine Vorbereitungszeit. Dazu gehört z.B. die Fastenzeit vor Ostern, „Sieben Wochen ohne“. Und der Advent war in früherer Zeit auch eine Zeit des Verzichts. Kekse wurden wohl gebacken – für das Weihnachtsfest. Die Gans gemästet, aber noch nicht verzehrt. Dahinter liegt die Erfahrung, dass wir das Schöne und Reiche erst dann zu schätzen lernen, wenn wir das Arme und Entbehrungsreiche kennen. Die Erfahrung von materieller Not ist in unserer Konsumgesellschaft selten geworden. Darüber können wir auch froh und dankbar sein. Aber was soll nur aus der guten alten Vorfreude, der „Erwartung“ werden? Also: Rettet den Advent? Dann heißt es auch rechtzeitig dafür zu sorgen, dass er nicht überladen wird von allen möglichen Weihnachtsfeiern und Einkaufsnöten. Alles hat seine Zeit, nur ich nicht – das muss nicht sein.
Eine besinnliche Vorweihnachtszeit wünscht Ihnen und euch Pastor Andreas Riebl
Regionalmentor (Gruppe Großraum Hamburg und Lübeck) * http://advent-ist-im-dezember.de
So lautet der Monatsspruch für Dezember, für die Adventszeit. Das ist bekanntlich die Zeit, in der es intensiv nach Glühwein und Lebkuchen und Tannengrün riecht, die Zeit des Keksebackens und Bastelns, die Zeit der Lichter und Kerzen, die Zeit, in der die Glocken am süßesten klingen – jedenfalls wenn es nach dem allseits bekannten Lied geht.
Aber dieser Vers aus dem Johannesevangelium klingt so gar nicht vorweihnachtlich, er klingt so, als wäre er noch übrig geblieben vom Volkstrauertag oder vom Totensonntag, ja, er klingt eher ein wenig nach Grabrede als nach froher Erwartung: Was haben wir nicht alles an ihm gehabt! Früher. Früher, da war überhaupt alles besser: Da gab es noch Gemeinschaft in den Dörfern und in den Nachbarschaften, da stand man noch füreinander ein, da war es noch nicht so hektisch und so konsumorientiert, auch nicht in der Advents-und Weihnachtszeit.
„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht ergriffen.“
So beginnt das Johannesevangelium. „Das Licht scheint in der Finsternis.“ Ja, es ist nicht alles schön und hell und bunt. Aber es ist eben auch nicht alles finster. Nicht in unserer Welt, nicht in unseren Herzen, wenn wir denn dem vertrauen, um den es in diesen Versen geht, dem Gott, der in Jesus Christus unter uns gewohnt hat, der unser Leben gelebt hat, unseren Tod gestorben ist, und der dennoch nicht im Tod geblieben ist. Auf all das will uns die Adventszeit vorbereiten, nicht nur auf das niedliche Baby in der Krippe.
Das macht unseren kirchlichen Advent zu einer ernsteren Zeit als den der Weihnachtsmärkte und vollen Kaufhäuser. Aber auch zu einem hoffnungsvolleren, von dem mehr bleibt als das zusammengeknüllte Papier der Weihnachtsgeschenke unterm Tannenbaum. Gottes Geschenk an uns ist größer. So wie es in dem Adventslied besungen wird:
Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern.
So sei nun Lob gesungen dem hellen Morgenstern!
Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein.
Der Morgenstern bescheinetauch deine Angst und Pein.
Noch manche Nacht wird fallen auf Menschenleid und -schuld.
Doch wandert nun mit allen der Stern der Gotteshuld.
Beglänzt von seinem Lichte, hält euch kein Dunkel mehr.
Von Gottes Angesichte kam euch die Rettung her.
Möge etwas von diesem Licht auch in unsere Advents- und Weihnachtszeit fallen.
Susanne Franz, Pastorin