Passionszeit

Diese Texte und Grafiken sind aus dem Schwerpuntthema des Martinsboten Nr. 1-2020.

 

Der Leidensweg Christi

Kreuzigung Jesus Christus. Symbolfoto für Ostern.

Mit Aschermittwoch beginnt die Passionszeit. Christen erinnern sich in den rund sieben Wochen vor Ostern an die 40-tägige Leidensgeschichte Jesu: die Verurteilung, den Verrat und die Kreuzigung. Die Passionszeit wird auch Fastenzeit genannt, da viele Christen fasten oder sich Zeit nehmen für Besinnung und Gebet. Unterstützung bietet dabei die Fastenaktion der evangelischen Kirche unter dem Motto „7 Wochen ohne“.

Als Passion wird das Leiden und Sterben Jesu Christi bezeichnet.

Es kommt von dem lateinischen Wort für Leiden, passio. Von Anfang an mussten sich Christen mit der Frage auseinandersetzen, warum Jesus Christus gestorben ist und welche Bedeutung sein Tod für ihren Glauben an Gott hat. Wie konnte es sein, dass Jesus Christus einen so grausamen Tod erleiden musste, wo sie doch überzeugt waren, dass er Gottes Sohn war?

Auf der einen Seite schöpften die Jünger Hoffnung daraus, dass Jesus vom Tod auferstanden war. Er musste sterben, damit Gott ein für alle Mal den Tod besiegen konnte. Diese Erklärung gab ihnen die große Hoffnung, dass alles Leiden und Sterben nur vorübergehend sei und letztlich im großen Sieg Gottes über Leid und Tod aufgelöst werde. Diese triumphale Auslegung des Todes Jesu bestimmte die ersten Jahrhunderte des Christentums. Die Kreuzesdarstellungen zeigten einen lebendigen, strahlenden Jesus, der nicht gebrochen am Kreuz hing, sondern aufrecht, ohne Blut, ohne Nägel. In vielen Fällen zeigten sie auch einfach ein Kreuz ohne den Leib Jesu.

Der Tod als Teil des Sieges Gottes erklärte jedoch noch nicht alles. Dass gerade der Tod Jesu besonders qualvoll war, konnten auch die Bilder von einem aufrechten Jesus am Kreuz nicht ganz verdecken. Es fehlte noch ein anderer Zugang zum Leiden und Sterben Jesu, der ab dem 13. Jahrhundert den Glauben von Christinnen und Christen bereicherte: Es war die tiefe Liebe Gottes zu den Menschen, die Gott selbst dazu brachte, in Gestalt von Jesus Christus das größte Leid, das Menschen sich zufügen konnten, und den qualvollsten Tod auf sich zu nehmen. Es war also eine große Liebeserklärung Gottes an die Menschen, selbst die tiefsten Abgründe mit ihnen zu teilen, um dadurch noch deutlicher werden zu lassen: Ich lasse euch auch in den schwersten Zeiten nicht allein. Nichts kann zwischen mir und euch stehen. Erst mit der Reformation konnten Christinnen und Christen auf diese Liebe Gottes antworten – ohne zugleich glauben zu müssen, selbst für den Tod Jesu verantwortlich zu sein und dafür büßen zu sollen.

Lange herrschte die Ansicht vor, dass die Liebe Gottes den Menschen nur dann gelte, wenn sie besondere Leistungen vollbrachten. Das Kreuz führte ihnen immer wieder vor Augen, warum Christus sterben musste: weil die Menschen immer wieder in ihrem Leben Schuld auf sich geladen hatten. Reformatoren wie Martin Luther betonten, dass Menschen für die Liebe Gottes nichts tun müssten, dass sie ihnen aus Gnade geschenkt werde. So sahen Menschen in der Geschichte vom Leiden und Sterben Jesu nicht mehr hauptsächlich eine Anklage an sich selbst, sondern begannen, sich mit der Erkenntnis auseinanderzusetzen, die in dieser Geschichte liegt: dass nämlich im größten Leid das größte Heil für die Menschen verborgen ist.

Wie genau sich die Einstellung zur Passion Christi in der Geschichte wandelte:

Im 13. Jahrhundert entwickelte sich eine ausgeprägte Passionsfrömmigkeit. In Orden wie den Zisterziensern und den Franziskanern wollte man Jesus besonders nahekommen und ihm nachfolgen. Der Gekreuzigte wurde nicht mehr aufrecht, sondern leidend und blutüberströmt dargestellt. Die Passionsgeschichten wurden mit zusätzlichen Details ausgeschmückt: Beispielsweise sei Jesus auf seinem Weg mit dem Kreuz auf den Schultern mehrfach hingefallen. Im späten Mittelalter gab es Menschen, die das Kreuz nicht nur betrachteten, sondern sich geißelten oder sogar selbst an ein Kreuz nageln ließen. Sie suchten nicht nur eine besondere Nähe zu Jesus, sondern versprachen sich davon auch besondere Verdienste, betrachteten ihr Verhalten als Buße und hofften auf ein gnädiges Urteil Gottes im Gericht.

Die Reformatoren lehnten die Bußpraxis der damaligen Kirche ab, wie auch den Gedanken, besondere Verdienste anhäufen zu müssen (Rechtfertigung). Sie konzentrierten sich außerdem wieder auf die biblische Darstellung der Passion – ohne all die Zusatzelemente, die im Laufe der Zeit zur Passionsgeschichte hinzugekommen waren. Doch auch in den reformatorischen Kirchen beschäftigten sich Menschen weiterhin intensiv mit dem Leiden und Sterben Christi. Komponisten wie Johann Sebastian Bach komponierten Passionsoratorien, die berühmt wurden, und zahlreiche Lieder wurden für die Passionszeit geschrieben. Noch heute werden in vielen Gemeinden der Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland in der Passionszeit besondere Andachten gefeiert.

Quelle: EKD

 

 

Kommentare sind geschlossen.