Spuren der Oldendorfer Geschichte

Mit freundlicher Genehmigung von Frau Klempow, Stader Tageblatt:
18.11.2014

Spuren der Oldendorfer Geschichte

Sichtbare Spuren der Geschichte: Das Helm-Visier links im Bild ist abgeschmirgelt – von unzähligen Schritten der Oldendorfer über die Grabplatte der von Arentsschild in ihrer Kirche.

OLDENDORF. Hinweise gab es vorher schon: Der Name eines starken Heiligen, ein Mörtelbröckchen in einem uralten Grab. Jetzt verdichten sich die Hinweise zu dunklen Punkten auf weißem Papier. Die Georadaruntersuchung in der Oldendorfer Kirche deutet darauf hin, dass sich tief im Boden mögliche Reste eines Vorgängerbaus befinden. Damit dürfte Oldendorf als Kirchstandort eine noch weiter zurückreichende Geschichte haben.

Dabei ist die trutzige Feldsteinkirche in der Ortsmitte ohnehin ein historisches Kleinod. Mehr als 800 Jahre ist sie alt. Weil die Kirchengemeinde zurzeit viel Arbeit in die Renovierung des Kircheninneren steckt, nutzte die Archäologische Denkmalpflege des Landkreises die Gelegenheit, den Boden der ausgeräumten Kirche bis in zwei Meter Tiefe zu durchleuchten. Kreisarchäologe Daniel Nösler zeigte bei einem Ortstermin in Oldendorf die Untersuchungsergebnisse.

Auf dem Papier sind schwarze Punkte zu sehen, die sich mit Fantasie oder Kennerblick zu einem Halbrund fügen. „Im Bereich des heutigen Altarraumes ist diese Struktur sichtbar, die auf eine ältere Apsis hindeutet“, sagt Nösler. Dies könnte bedeuten, dass noch der Rest eines Vorgängerbaues im Boden vorhanden ist. Eine zweite Möglichkeit ist, dass die Kirche im Mittelalter einmal Richtung Osten verlängert wurde. „Dieses Fundament reicht bis in eine Tiefe von 0,75 bis 1,65 Meter“, erläutert der Kreisarchäologe. Ob in großer Tiefe noch Trümmer des ehemaligen Turms liegen, bleibt eine vage Vermutung.

An den Seiten des Kirchenschiffs zeigt das Georadar weitere Auffälligkeiten im Boden. Nösler und sein Kollege Dietrich Alsdorf gehen davon aus, dass diese zu den ehemals vorhandenen Grüften in der Kirche gehören. Unter der Empore der Familie von Arentsschild, die im 16. und 17. Jahrhundert auf dem einstigen Vogteihof wirkte, befand sich auch deren Familiengruft; die Platten finden sich seit der jüngsten großen Umgestaltung der Kirche 1901 an der Außenwand der Kirche. Ihre einstige Lage im Kirchenschiff ist durch ihren Zustand zu rekonstruieren; die eine lag deutlich näher an der Wand und damit geschützter, die andere weiter zum Inneren, vermutet Alsdorf. Denn die Platte des Reitergenerals von Arentsschild zeigt deutliche Abriebspuren, „da sind sie alle mit ihren Holschen rübergelatscht“, sagt Alsdorf salopp.

Wer genau hinsieht, kann im Mauerwerk der Findlinge noch das ehemalige Türchen zum Kirchstuhl derer von Arentsschild sehen, das nur über eine schmale Stiege an der Außenwand zu erreichen war. In die Kirche selbst führen Stufen hinab. Der Höhenunterschied hat einen besonderen Grund.

Der alte Kirchhof war einst mit Sand aufgeschüttet worden. Denn die Bestattung im Lehmboden stellte die Oldendorfer vor das Problem, dass die Toten nicht schnell genug verwesten und es an Platz mangelte. „Dadurch sind die alten Gräber darunter erhalten geblieben“, sagt Alsdorf.

Bei der Grabung auf dem Areal des einstigen Kirchhofs 2008 fanden die Archäologen einen Mörtelbrocken, der älter ist als die jetzige Kirche. Was sonst sollte der Mörtel sonst zusammen gehalten haben als einen Vorgängerbau?

Ein weiterer Hinweis auf Oldendorf als uraltem Kirchort ist der Name. St. Martin sei ein starker Heiliger und damit ein starker Name, sagt Daniel Nösler. Ein solcher sei Kirchen an wichtigen Wegen vorbehalten gewesen – oder dort, wo noch besonders viel Arbeit auf die christlichen Bekehrer wartete. Die Gewissheit um den Ursprung der Oldendorfer Kirchengeschichte bleibt im Boden verborgen, vielleicht bis zur nächsten großen Renovierung.

Baustaub rieselt im Kirchenschiff
Auf der St. Martin-Baustelle geht es voran – Die Sohle ist gegossen und Wände werden neu verputzt


Mit Staub bedeckt sind die verpackten Emporen und die Orgel während der Bauarbeiten im Kirchenschiff.

Der Baustaub bedeckt die Planen, die die Orgel und die Emporen schützen sollen, während die ehrenamtlichen Helfer der Kirchengemeinde fleißig Wände verputzen – in der Oldendorfer Kirche St. Martin geht es voran. Etliche Kubikmeter Sand und Schutt sind aus der Kirche gebaggert worden, jede Menge loser Putz wurde abgeschlagen und aus dem Kirchenschiff abtransportiert.
Die neue Sohle ist gegossen, sie soll laut Kirchenvorstand die Grundlage für die neue Fußbodenheizung sein. Als neuer Bodenbelag wird Holz verlegt – auch vorher hatte die Kirche einen Holzfußboden. Zwar hatten die Oldendorfer auch mit pflegeleichten Fliesen geliebäugelt, aus Sorge um die Akustik sich jetzt aber für Holz entschieden. Um die Wände vor aufsteigender Feuchtigkeit zu schützen, seien besondere Dichtmaterialien angewendet worden. „Außerdem stellte sich heraus, dass im noch vorhandenen alten Wandputz den Putz zerstörende Chemikalien versteckt sind.“ Deshalb werden zusätzliche Flächen gerade neu verputzt. Die freigelegten Wände wurden gesandstrahlt, damit der neue Putz hält.
Die Kanzel ist abgebaut worden und soll rechts vorn im Kirchenschiff neu errichtet werden. Außerdem solle eine auf Kirchengebäude spezialisierte Firma ein Lichtkonzept entwickeln, „damit unsere schöne Kirche dann im besten Licht erstrahlen wird“, teilt die Kirchengemeinde mit über den Stand auf der Baustelle mit.(gh)

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