Nachgedacht

Monatsspruch März 2014

Eine kurze Geschichte: Karin erlebt, wie Vater und Mutter sich streiten. Sie hat keine Ahnung, worum es geht, aber der ruppige Ton macht ihr Angst. Heimlich verlässt sie das Haus, geht zu einer Telefonzelle, wählt die Nummer der Familie. Als ihr Vater den Hörer abnimmt, sagt sie mit zittriger Stimme: „Ich mache eine Umfrage für die Tageszeitung und wollte gerne wissen, ob Sie Ihre Frau lieben.“ „Wie bitte?“ „Ich wüsste gerne, ob Sie Ihre Frau lieben!“ Stille am anderen Ende. Der Hörer wird zugehalten, gedämpfte Stimmen, dann ihre Mutter: „Karin? Bist du das? Komm nach Hause und lass uns reden.“

Die Geschichte ist schon ein wenig älter: Telefonzellen gibt es fast nicht mehr und Mädchen, die „Karin“ heißen, sind im Augenblick auch nicht gerade an der Tagesordnung.

Aber das Gefühl, das Kinder manchmal beschleicht, wenn Eltern sich streiten, die Angst, dass sie sich nicht mehr lieben und deshalb irgendwann trennen – diese Angst ist wohl noch immer aktuell.

Nur: Woran merkt man überhaupt, dass sich Menschen lieben? Wenn sie sich nicht streiten?

Jesu selbst ist ein recht streitbarer Mensch gewesen: Die Bibel erzählt von zahlreichen Disputen mit religiösen Gegnern, und auch mit seinen engsten Freunden gab es immer wieder Auseinandersetzungen. Und dann die Geschichte, in der Jesus die Händler aus dem Tempelbezirk vertreibt, indem er ihre Tische umwirft. Klingt das irgendwie liebevoll für Sie? Sicher nicht auf den ersten Blick.

Aber Liebe ist eben nicht, wenn man sich nicht streitet. Paartherapeuten sagen, streitende Eheleute sind zumindest noch aneinander interessiert. Erst, wenn der andere mir so gleichgültig ist, dass ich mich nicht mehr mit ihm auseinandersetze, ihm nicht mehr sage, was mich stört oder wo ich anderer Meinung bin, dann sollte man anfangen, sich Sorgen um die Liebe zu machen.

Jesus Christus spricht: Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt. (Johannes 13,35)

So lautet der Monatsspruch für März aus dem Johannesevangelium. Ich glaube, dass ist nicht die Aufforderung zu „Friede, Freude, Eierkuchen“. Sondern ich möchte das so übersetzen: Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander nicht gleichgültig seid. Und das kann auch beinhalten, dass man in die Konfrontation miteinander geht. Nicht, um den anderen zu vernichten, sondern um ihm zu signalisieren: Du bist mir ganz wichtig!

In diesem Sinne: Kommen Sie doch einfach mal wieder „nach Hause“ in die Kirche und lassen Sie uns miteinanderreden und uns austauschen über das, was wirklich wichtig ist in unserer Gemeinde.

Susanne Franz, Pastorin

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