Am 29. Juni war endgültig Schluss:
Nach einem letzten Gottesdienst mit Pastorin Franz im alten Innen-Gesicht der Kirche rückten bis zu 100 Ausräumerinnen und Ausräumer jeden Alters an.
Auf dem Kirchhof hatten sich diverse Treckergespanne eingefunden und warteten auf den Abtransport der Kirchenbänke ins Zwischenlager nach Bossel auf die Diele von Sven Matthiesen. Auch hier wartete ein ganzer Trupp von Freiwilligen mit Gabelstapler, um die Fracht in Empfang zu nehmen und sorgfältig zu stapeln.
Aber zunächst musste die Verkleidung der alten Südtür der Kirche aufgebrochen werden. Zum ersten Mal nach 113 Jahren kamen wieder Licht und Sonne durch die alte Rundbogenpforte. Als erster sprang Gerd Lünsmann aus Bossel aus der Tür ins Freie.
Wissen Sie, was ein ‚Weidemann’ ist? Wer mithalf, kennt und schätzt dieses kleine wendige und kraftvolle Stallfahrzeug jetzt, das fast durch die Kirchentür gepasst hätte. Mithilfe des Weidemanns konnten die ersten fast 500kg schweren Elektroheizkörper aus der Kirche gehievt und in der Folge alle fast 50 Kirchenbänke auf die Transportwagen geliftet werden.
Eine andere Gruppe beschäftigte sich mit dem Transport aller kleineren Gegenstände aus der Kirche, angefangen beim Lesepult bis hin zu den Altarleuchtern und Tauffischen. Wie Ameisen bewegten sich die Helferinnen und Helfer aller Altersgruppen, um den gesamten Innenraum leer zu räumen.
Nur der Altar, die Kanzel und die Empore mit der Orgel bleiben staubdicht verhüllt im Kirchenraum.
Eine dritte Gruppe sorgte im Gemeindehaus für Fingerfood und Getränke und bot sie den fleißigen Trägerinnen und Trägern in kurzen Pausen an.
Bereits 1 ½ Stunden vor dem angepeilten Termin war die Räumung der Kirche weitgehend abgeschlossen. Selbst die alten schweren, zum Teil schon funktionsunfähigen E-Heizungen waren abgeklemmt und aus der Kirche transportiert, sodass sie nur noch entsorgt werden mussten.
Die Vorsitzende des Kirchenvorstands, Frau Kristina Burdorf, dankte den vielen Mithelferinnen und Mithelfern von Herzen und stellte fest, dass selten eine Aktion so viele fröhliche und verschiedene Menschen in der Kirche zusammengebracht habe wie diese.
Am Abend lud Frau Pastorin Franz zu einer Abendandacht in der banklosen Kirche ein – ein weiteres neues Erlebnis für die Besucherinnen und Besucher.
In den kommenden Wochen wurde dann zunächst der Holzfußboden von 1901 herausgebrochen und entsorgt und anschließend mit dem Entfernen der Fliesenwege begonnen, denn es wird ja darunter eine Fußbodenheizung zukünftig für Wärme in der Kirche sorgen.
Villeroy und Boch aus Mettlach-Merzig gehörten. Die damals ohne Fugen in Zement verlegten Fliesen ließen sich nur schwer vom Boden lösen. Dennoch werden die heilen Fliesen woanders neu eingebaut werden.
Unter dem alten Holzboden aus Tannenholz befand sich zur Überraschung aller nicht nur Sand, sondern eine unterschiedliche dicke Zementschicht. Diese dürfte dazu angelegt worden sein, um Versackungen im darunter liegenden Bereich zu verhindern. Denn darunter befanden sich früher die typischen Gewölbe, in denen einflussreiche Bürger beerdigt werden konnten – „je näher zu Gott, umso besser“, wie uns die Archäologen erklärten. Die im Laufe der Zeit brüchig gewordenen Gewölbe wurden jedoch geräumt und dann eingeschlagen, sodass es zu Hohlräumen kommen konnte. Eine Grabung der Archäologen brachte auch nichts zutage als alten Bauschutt – wie erwartet. Die Ergebnisse allerdings einer äußeren, technisch hochwertigen Bodenradaruntersuchung des Kirchenbodens durch eine Spezialfirma aus Berlin stehen noch aus. Sie könnten Aufschluss darüber geben, ob es Fundamente früherer Kirchbauten unter unserer mehr als 800 Jahre alten Kirche gibt. Es ist aufgrund anderer archäologischer Ergebnisse davon auszugehen, dass in Oldendorf bereits sehr früh eine Taufkirche existiert hat, von der aus erst später weitere Kirchbauten wie auf der Horst und in Himmelpforten (Eulsethe) initiiert wurden. Der Pfarrbezirk Oldendorf zog sich damals bis in die Vororte Stades (z.B. Thun) hin.
Gern hätte sich der Kirchenvorstand eine zukünftig stufenlose Kirche gewünscht, vor allem aus Rücksicht auf gehandicapte und ältere Kirchenbesucher und Kinder.
Doch dieser Wunsch bleibt dem Kirchenvorstand verwehrt. Aus Gründen des Denkmalsschutzes wird es weiterhin eine Stufe von 15cm zum Altarraum geben. Allerdings soll es für Gehbehinderte eine Rampe geben, sowie einen behindertengerechten Zugang zur Kirche durch die Südtür vom Kirchhof.
Die derzeit letzte Aktion in der Kirche war das Ausheben des Kirchenschiffbodens um etwa 30cm als Grundlage für die Fußbodenheizung. Wieder fanden sich eine große Anzahl freiwilliger Helferinnen und Helfer bereit, die mit unzähligen Schubkarren den Bauschutt, den ihnen ein Kleinbagger zuführte, aus der Kirche zum Radlader transportierten, der den Schutt auf Transporthänger fallen ließ.
Dies war eine äußerst staubige Angelegenheit, und die Geduld der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist wirklich zu bewundern. Schließlich war ja noch der alte Schornstein an der südlichen Kirchenwand sowie der alte Heizungstunnel abzubrechen und zu entsorgen. Außerdem mussten fachkundig die Fundamente der Empore entfernt und die Empore abgestützt werden. Auch hier wirkte im Gemeindehaus parallel ein ‚Versorgungstrupp’, der für Essen und Trinken sorgte. Die Gastwirtin aus der Nachbarschaft spendierte sogleich auch noch eine nahrhafte Gyrossuppe zum Mittagessen!
Allen Beteiligten an dieser kraftraubenden und staubreichen Aktion über zwei Tage sei auch an dieser Stelle herzlich gedankt!!
(Text: Burkhard Ziemens)